Experteninterview: warum es immer weniger schneit

Ein kleines Kind sitzt auf einem Schlitten und wird von einem Erwachsenen gezogen.

Wenn Kinder nach dem Klimawandel und seinen Folgen fragen, fehlen Eltern oft die richtigen Worte. Oder wüssten Sie auf Anhieb, wie Sie mit Ihrem Kind über die immer seltener werdenden Schneefälle sprechen können? Wir haben Heike Müller von der Stiftung Haus der kleinen Forscher um Rat gefragt. Im Interview verrät uns die Referentin, wie Sie kindgerecht erklären können, was mit unserer Erde passiert und warum es immer weniger schneit.

Welche Grundsätze in der Umweltpädagogik gibt es, um schwierige Themen wie die Erderwärmung und ihre Folgen kindgerecht zu erklären?

Man sollte auf jeden Fall darauf achten, dass sich die Erklärungen im Rahmen der Bewältigungsmöglichkeiten der Kinder bewegen. Das heißt: Immer so agieren, dass Kinder alles verstehen und verarbeiten können. Vor allem kleinere Kinder müssen noch nicht den Treibhauseffekt in seiner Komplexität verstehen. Daneben sollte man jederzeit versuchen, mit einfachen Worten zu erklären und an die Erfahrungswelt der Kinder anzuknüpfen.

Wie sieht das konkret in der Praxis aus? Wie können Eltern ihren Grundschulkindern auf die Frage antworten, warum es weniger schneit? 

Je nach Alter haben die meisten Kinder gar nicht die Erinnerung, dass es früher mehr geschneit hat. Sie kennen noch keine Veränderungen über lange Zeiträume. Es kann sein, dass sie von ihren Eltern oder Großeltern erzählt bekommen, wie sie früher im Schnee getobt haben. Für ein Kind ist das wie eine Geschichte und es denkt sich: „Schnee hier zu Hause, das muss was Großartiges sein“. Dann kann natürlich die Frage kommen: „Warum habe ich keinen Schnee?“.

Man könnte zum Beispiel erklären: „Manchmal bist du krank und hast Fieber. Der Erde geht es gerade genauso wie dir, wenn du krank bist. Das liegt daran, dass ein unsichtbarer Stoff unsere Erde umhüllt. Er wird immer mehr, weil wir Menschen ganz viel von diesem Stoff erzeugen. Du kannst dir diesen unsichtbaren Stoff wie einen Pullover vorstellen. Die Erde hat gerade viele Pullover an. Und stell dir vor, wenn du viele Pullis anziehst, dann wird dir richtig warm. Der Erde ist auch ganz warm, selbst im Winter. Und deshalb schneit es auch weniger.“

Ein Vater trägt sein kleines Kind in einer Wandertrage auf dem Rücken.
Viel Schnee gibt es oft nur noch in höheren Lagen.© CC0 / Josh Willink

Könnte man dies für ältere Grundschulkinder nicht schon detaillierter beschreiben?  

Natürlich kann man bei Schulkindern, die schon mehr aus den aktuellen Nachrichten oder dem gesellschaftlichen Umfeld mitbekommen, auch den Begriff Kohlenstoffdioxid einbringen. Man kann dann erklären, dass es wegen des Treibhauseffekts und der damit verbundenen Erderwärmung weniger schneit. Das ist aber erst für Kinder ab der dritten oder vierten Klasse zu empfehlen. Man könnte das so erklären: Die Sonne schickt ihre Strahlen zu uns auf die Erde. Dort werden sie in Wärme umgewandelt. Ein Teil dieser Wärme geht zurück ins Weltall. Je mehr CO2 in der Luft ist, desto mehr Wärme bleibt in der Lufthülle, die die Erde umgibt. Und weil wir Menschen immer mehr CO2 erzeugen, zum Beispiel beim Autofahren, durch das Heizen oder durch die Herstellung der Produkte, die wir nutzen, wird es bei uns auf der Erde beständig wärmer.

Wie kann man Kindern diese Zusammenhänge noch veranschaulichen? 

Sie nehmen einen aufblasbaren Erdball oder etwas, das den Erdball darstellt. Dann stecken Sie ihn in eine Plastiktüte. Die Tüte symbolisiert die Erdatmosphäre mit ihren Luftschichten. Und wenn man das immer voller packt mit Watte, dann ist das wie das unsichtbare Gas, das die Wärme in der Hülle hält. So könnte man den Treibhauseffekt und die Erderwärmung erklären.

Reicht das als Erklärung aus? Muss man nicht auch den meteorologischen Zusammenhang einbringen? 

Meteorologische Phänomene würde ich bis zu einem bestimmten Alter außen vor lassen. Das kommt erst später und übersteigt das, was Kinder erfassen können. Aber in dem Beispiel mit dem Schnee kann man gut die Wolken ins Spiel bringen. Woher der Regen kommt, diese Frage stellen ja Kindergartenkinder schon. Das kann man mit dem Schnee genauso erklären: Dass in den Wolken Wasser enthalten ist und wenn es kalt genug ist, dann fällt aus den Wolken Schnee und wenn es wärmer ist, dann Regen. Das kann man auch mit den Kindern ausprobieren und ihnen zeigen: Wasser im Kühlschrank bleibt Wasser, also im übertragenen Sinn Regen. Im Tiefkühlfach wird das Wasser zu Eis und es bilden sich feine Eiskristalle, was im Grund das Gleiche wie Schneeflocken ist.

Weniger oder kein Schnee – an sich ist das zwar keine bedrohliche Situation. Aber andere Folgen der Erderwärmung können Kinder verängstigen. Wie gehen Eltern damit um? 

Das Phänomen an sich, dass es weniger schneit, wird den Kindern erst mal keine Angst machen. Und auch wenn Kinder bedrohliche Folgen des Klimawandels kennen: Es kommt immer darauf an, wie Eltern mit den Kindern kommunizieren. Wenn Erwachsene unsicher und verängstigt sind, wird sich das auf das Kind übertragen. Unser Ratschlag ist, dass die Erwachsenen Sicherheit und Orientierung ausstrahlen. Sie könnten es so darstellen: „Wir haben die Erderwärmung und das sind die Folgen. Aber lasst uns Lösungen finden, diese aufzuhalten.“ Es ist wichtig, dass Kinder merken, dass auch sie etwas tun können und dem Ganzen nicht machtlos ausgeliefert sind.

Das ist für uns in der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ ganz entscheidend. Kinder sollen zum einen forschend lernen, was zum Beispiel gerade mit dem Klima passiert und wo die unsichtbaren Gase entstehen. Gleichzeitig ist uns wichtig, dass die Kinder motiviert und befähigt werden, aus dem, was sie in Erfahrung gebracht haben, Handlungsstrategien abzuleiten. Okay, das Klimagas entsteht beim Heizen, dann achte ich darauf, dass die Fenster geschlossen bleiben. Oder das Gas entsteht, wenn ich Strom nutze, dann mache ich das Licht aus, wenn ich es nicht brauche. Dass sie also über den Lernprozess ins Handeln kommen und so auch Selbstwirksamkeit erfahren.

Über unsere Interviewpartnerin

Heike Müller ist Referentin im Bereich „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ in der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“. Dort entwickelt die Umweltingenieurin Fortbildungen und Arbeitsmaterialien für pädagogische Fachkräfte, die Kinder beim entdeckenden, forschenden Lernen begleiten. Das Ziel der Bildungsinitiative „Haus der kleinen Forscher“ ist es, Kinder für die Zukunft stark zu machen und sie zu nachhaltigem Handeln zu befähigen.

Ein Porträt der Interviewpartnerin Heike Müller von der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“.
Heike Müller ist Referentin für Inhalte und Fortbildungen sowie Bildung für nachhaltige Entwicklung.© Stiftung „Haus der kleinen Forscher“

Weiterführende Link-Tipps

Heike Müller hat Lernangebote und Onlinekurse aus dem „Haus der kleinen Forscher“ für uns zusammengestellt. Diese Angebote können Eltern dabei helfen, mit ihren Kindern über Nachhaltigkeitsthemen zu sprechen und gemeinsam Ideen für einen nachhaltigen Alltag zu finden.

  • Hier finden Sie alle Online-Lernangebote vom Haus der kleinen Forscher. Heike Müller empfiehlt vor allem den Onlinekurs Konsum umdenken: Konsumpyramide.
  • Auf der Kinderwebsite vom „Haus der kleinen Forscher“ finden Sie Hinweise für Erwachsene sowie Kinder-Apps zu „Strom & Energie“.
  • Hier finden Sie Broschüren zu naturwissenschaftlichen Themen und Nachhaltigkeitsthemen, die Sie kostenfrei herunterladen können.

 

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