Baumporträt: Die Birke – Symbol des Frühlings

Mehrere Birken wachsen in einem kleinen Birkenwald nebeneinander.

Die Birke war der erste Pionierbaum, der vor 15.000 Jahren nach der Eiszeit in die baumlose Zone zurückkam. Die Birke begleitet die menschliche Geschichte also schon seit der Altsteinzeit. Vielleicht gibt es deshalb so viele Überlieferungen aus Brauchtum und Medizingeschichte.

Für viele Menschen ist die Birke der schönste aller Bäume. Vor allem im Frühjahr verzaubert sie uns mit ihrem schlanken Stamm und dem zarten Blätterkleid. Vermutlich hat die besondere Bedeutung der Birke im Kult vieler Völker mit ihrem faszinierenden Erscheinungsbild zu tun. Ihre schneeweiße Rinde macht sie zu etwas Besonderem. Der Name Birke bedeutet „hellschimmernd“ oder „weißglänzend“ und nimmt Bezug auf die besondere Rinde.

Die Birke: Ein Charakterbaum mit markanten Blüten

In Gebieten wie Skandinavien, Osteuropa, Russland und Kanada gehört die Birke zu den dominierenden Baumarten. Deshalb gelten die Bäume in diesen Ländern oftmals als Wahrzeichen der Nation.

Zur Familie der Birkengewächse (Betulaceae) gehören neben der Birke auch Haseln, Hainbuchen und Erlen. Bei uns sind zwei Arten von Birken am weitesten verbreitet: die Hängebirke (Betula pendula) und die Moorbirke (Betula pubescens).

Typisch für die Moorbirke ist die samtige Behaarung der jungen Zweige und jungen Blätter an der Unterseite. Die Hängebirke ist unbehaart. Kennzeichnend für die Hängebirke – vor allem bei älteren Bäumen – sind die schwarzen, furchigen Längsrisse in der Rinde. Sie stellen einen starken Kontrast zu den glatten, weißen Rindenanteilen dar. Die Rinde der Moorbirke ist eher gräulich-weiß und bildet kaum Risse. Genutzt werden beide Arten Birken gleichermaßen, sowohl im Brauchtum als auch in der Heilkunde.

Die schwarzen Risse in dem Birkenstamm der Hängebirke sind hier zu sehen.
Typisch für die Hängebirke ist die strahlend weiße Rinde.© Rudi Beiser

Als sogenannte Pionierbäume stellen Birken kaum Ansprüche an den Boden. Karge Standorte besiedeln Birken wie alle Pionierbäume zuerst. Sie wachsen schnell, auch auf kargem Boden. Allerdings werden Birken nur etwa 120 Jahre alt.

Wie alle Betulaceae bildet die Birke markante Blüten aus, die sogenannten Kätzchen. Die Blütezeit ist zwischen März und Mai. Nach mehreren warmen Tagen am Stück treiben die Birken stark aus. Die Pollenkonzentration ist zu dieser Zeit hoch. Während der Pollenflug im Tiefland bereits Ende April abklingt, kann er im Bergland bis in den Frühsommer andauern.

Birke pflanzen im Garten

Prinzipiell können Sie die Birke im Frühjahr oder im Herbst einpflanzen. Der Herbst eignet sich jedoch am besten. Die Birke ist dann nicht mit der Bildung von Blättern und Blüten beschäftigt. Daher kann sie ihre ganze Kraft einsetzen, um die Wurzeln wachsen zu lassen. Wählen Sie einen sonnigen Standort. Feuchter Lehmboden bietet sich besonders an. Gewähren Sie der Birke genügend Platz für ihre großen Flachwurzeln. Nach dem Pflanzen sollten Sie einige Monate auf eine konstante Befeuchtung des Bodens achten. Sobald die Wurzeln weit genug ausgebildet sind, versorgt sich die Pflanze selbst mit Wasser.

Die Birke als Frühlingsbaum und im Maibrauchtum

Die Birke ist seit Urzeiten der Baum des Neubeginns, des Lichts und des Frühlings. Sie trägt die Jugend in sich und ihre leuchtende Rinde symbolisiert das wiedererwachende Licht. Sie ist der erste Laubbaum, der im Frühling seine Blätter sprießen lässt und das Erwachen der Natur einläutet. Somit schenkte sie den Menschen der Vorzeit die Gewissheit, dass der Winter besiegt ist. Deshalb war sie sowohl bei den germanischen als auch bei den keltischen Stämmen einer Licht- und Frühlingsgöttin geweiht.

Die Birke bildet zahlreiche grüne Blätter aus.
Die Birke symbolisiert in vielen Kulturen den Frühling und die Jugend.© Rudi Beiser

Weil sie für die Geburt des Frühlings stand, wurde sie das Wahrzeichen der Feste, die im Frühjahr stattfanden. Vor allem am ersten Mai spielt sie eine wichtige Rolle. In manchen Regionen stellte man sie als Dorfmaien (Maibaum) auf. Meist war es jedoch eine große Fichte oder Tanne, die mit Kränzen geschmückt in der Mitte des Dorfes stand.

Ansonsten dominierte jedoch die Birke das Geschehen: Der sogenannte „Liebesmaien“ war ein Birkenstämmchen, das zum „Anbandeln“ diente. Er wurde in der Nacht zum Ersten des Wonnemonats von jungen Burschen heimlich vor die Tür oder das Fenster der Angebeteten gestellt. Es galt als Zeichen der Liebe und als symbolischer Heiratsantrag. Je schöner der „Maien“ geschmückt war, desto größer die Zuneigung. In manchen Gegenden ist die Sitte des Birkenstellens noch heute Brauch.

Maibäumchen und Birkenzweige dienten aber auch dem Abwehrzauber. An die Stalltüren genagelt, sollten sie Hexen den Eintritt verwehren. Die größte Hexengefahr drohte vermeintlich in der Walpurgisnacht. Man glaubte, die Hexe müsse zuerst alle Birkenblättchen zählen, bevor sie in den Stall eindringen könne. Dies wird als „Zählzwang“ bezeichnet. Wenn entsprechend viele Birkenstämmchen aufgestellt waren, hatte sie kaum eine Chance, dies bis zum Morgengrauen zu schaffen. Denn beim Morgenläuten um sechs Uhr war Schluss mit dem Spuk.

Eine Rute, die segnet und züchtigt

Die Fruchtbarkeit von Feldern und Familie war für unsere Vorfahren äußerst wichtig. Bei den damit verbundenen Ritualen spielte die Birke als Frühlingsbaum eine besondere Rolle. Man nutzte ihre Zweige zum Binden der sogenannten Lebensrute. Das Schlagen mit dieser Rute war ein magischer Brauch zum Übertragen der Fruchtbarkeit. Ursprünglich wandte man ihn nur bei Frauen und weiblichen Tieren an. Außerdem verlieh das „Pfeffern“ oder „Quicken“ mit der Rute Gesundheit, weckte die Lebensgeister und schützte gleichzeitig vor Unheil. Diesen Brauch übte man vor allem an Weihnachten, Ostern und Pfingsten aus. Auch beim Austrieb des Viehs im Frühling gehörte der Schlag mit der Lebensrute dazu. Man wollte das Vieh damit vor Krankheiten und Ungeziefer schützen. Zudem sollte es fruchtbar bleiben und reichlich Milch geben.

Der Rutenschlag war jedoch nicht nur Segen bringend. Im Mittelalter nutzte man die Rute zur Erziehung und „Züchtigung“ der Kinder. Es war Tradition, hierfür Birken zu nehmen, damit die Kinder „gut gerieten“.

Wie beliebt die Erziehungsmaßnahmen mit der Birkenrute waren, zeigt ein Zitat des Arztes Adam Lonitzer (1528–1586): „Die Birke ist auch heut zu Tag in großer Ehr, dieweil sie die bösen und ungehorsamen Kinder und Jugend strafet. Daher man dann in Teutschen Reimen sagt: ‚O du gute Birken Rut, du machst die ungehorsamen Kinder gut.‘“ Der Prediger Konrad Geiler von Kaysersberg (1445–1510) ging noch weiter: „Wenn man ein Kind haut, so muss es dankbar die Rute küssen und sprechen ‚Liebe Rut, traute Rut, wärst du nit, ich tät nimmer gut.‘“ Das hört sich heute seltsam an, aber selbst vor 50 Jahren waren Körperstrafen noch ein übliches Erziehungsmittel. Erst 21 Jahre ist es her, dass Gewalt in der Erziehung bei uns gesetzlich verboten ist.

Alles dreht sich um die Rinde

Schon der römische Schriftsteller Plinius erwähnt in seiner Enzyklopädie Bücher, die auf Birkenrinde geschrieben wurden. Auch der Botaniker Hieronymus Bock (1498–1554) weiß von Birkenbüchern zu berichten: „Der Birkenbaum ist vor Zeiten in großer Würde gewesen/darum dass man auf die weißen Rinden desselben Baums etwa geschrieben/ehe dann die Lumpen zum Papier erfunden sind worden.“ In Russland war das Schreiben auf Birkenrinde im 18. Jahrhundert noch sehr verbreitet.

Die wasserundurchlässige Borke hat die Menschen vielfältig inspiriert: Man fertigte daraus wasserdichte Abdeckungen für Häuser und Zelte. Die kanadischen Indianer nutzten sie für den Bau ihrer ultraleichten Kanus. In Russland und Finnland fand sie bei der Herstellung von Schuhen, Gürteln, Umhängen und Schmuck Verwendung. Slawische Völker fertigten aus ihr Vorratsbehälter und Köcher. Die aus der Jungsteinzeit stammende Gletschermumie Ötzi hatte einen Köcher aus Birkenrinde bei sich.

Aus der Borke wird seit Urzeiten durch trockene Destillation Birkenpech oder Birkenteer gewonnen. Man dichtete damit Gefäße und Boote ab oder man nutzte es als Klebestoff. In der damaligen Medizin galt Birkenpech als hilfreich bei der Wundheilung sowie bei chronischen Hauterkrankungen.

Die moderne Forschung entschlüsselte in der Birkenrinde das Triterpen Betulin. Dieser Wirkstoff schützt die Rinde vor Nässe, Temperaturschwankungen, Sonneneinstrahlung und Tierfraß. Es scheint aber nicht nur für die „Baumhaut“ gut zu sein, sondern auch für unsere Haut. Das stark entzündungshemmende Betulin fördert die Hautregeneration, beschleunigt den Heilungsprozess und hat zudem juckreizstillende und antibakterielle Eigenschaften.

Ein hohler Birkenstamm steht auf einer Wiese, von der Birke ist nur noch die Rinde übrig.
Die konservierende und wasserabweisende Kraft des Stoffes Betulin sorgt dafür, dass die Außenhaut der Birke erhalten bleibt.© Rudi Beiser

Auch das Holz der Bäume findet Verwendung

Neben der Rinde findet auch das Holz der Birke Verwendung. Es kommt beispielsweise als Möbelstück oder in Form von Trinkgefäßen zum Einsatz. Als Brennholz entwickelt es wenig Rauch, weil es nur geringe Mengen ätherischen Öls enthält.

In der Birke fließt ein besonderer Saft

Das Zapfen von Birkensaft hat eine jahrhundertelange Tradition und in nordischen Ländern ist es noch heute üblich. Der leicht süßliche Birkensaft steigt nur wenige Wochen lang von März bis April den Birkenstamm empor. In dieser Zeit pumpt der Baum gespeicherte Nährstoffe aus den Wurzeln in die Knospen der Äste. Sobald sich die Knospen öffnen, versiegt der sprudelnde Saftfluss weitgehend.

Es gibt zwei Methoden der Safternte: Das Anbohren des Stammes und das Kappen eines Astes an seiner Spitze.

Safternte bei der Birke: Die Stammmethode

Bei der Stammmethode bohrt man den Stamm in etwa einen Meter Höhe schräg nach oben an. Je nach Größe des Zapfloches fließen pro Tag unglaubliche drei bis zehn Liter Saft. Eine zu intensive Nutzung kann den Baum schädigen. Es genügt ein zwei bis drei Zentimeter tiefes Bohrloch. Das leicht schräg nach oben angesetzte Bohrloch sollte einen Durchmesser von etwa einem Zentimeter haben. Dann steckt man ein passendes Röhrchen hinein und sogleich beginnt der Saft zu fließen. Direkt darunter bringt man eine Getränkeflasche mit Trichter an und befestigt sie mit Klebeband oder Draht am Baum. Danach die Wunde mit Baumwachs verschließen.

Ein Birkenstamm wird mit einem Röhrchen angezapft, in die Flasche unter dem Röhrchen tropft Birkenwasser.
Der trübliche Birkensaft wird mit einem Röhrchen angezapft.© CC0 / P_Skutulas

Die Astmethode für die Safternte

Die Astmethode ist für den Baum noch schonender: Man schneidet einen kleinen Ast so ab, dass sein Durchmesser an der Schnittstelle etwa ein bis zwei Zentimeter beträgt. Dort steckt man eine Plastikflasche hinein und befestigst sie möglichst stabil. Hängt man die Flasche morgens an, kann man abends den ersten Saft ernten. Der Saft enthält viele Vitamine und Mineralien und ungefähr zwei Prozent Fruchtzucker. Er hält sich im Kühlschrank nur wenige Tage. Um ihn länger haltbar zu machen, empfiehlt es sich, ihn einzufrieren, denn beim Erhitzen gehen viele wertvolle Inhaltsstoffe verloren. In der Volksmedizin nutzt man den Saft zum Entwässern und Entgiften, indem man dreimal täglich ein Schnapsgläschen davon trinkt. Äußerlich nimmt man ihn für Waschungen bei Hauterkrankungen sowie als Haarwasser.

Hinweis: Bitte zapfen Sie nur Birken aus Ihrem eigenen Garten an oder sprechen Sie die Safternte mit den Inhabern oder Inhaberinnen des Grundstücks ab.

Verwendung der Birke in der Heilkunde

Die Birke nimmt einen wichtigen Platz im Arzneischatz der Volksmedizin ein. Die mittelalterlichen Autoren empfahlen vor allem den Birkensaft als Heilmittel. Auch die Birkenrinde und der daraus gewonnene Birkenteer waren Bestandteil der traditionellen Heilkunde. Die entzündungshemmende und hautregenerierende Wirkung des Rindenbestandteils Betulin konnte in zahlreichen Studien nachgewiesen werden. Beispielsweise zeigte sich eine gute Wirkung bei Neurodermitis und Schuppenflechte.

Die jungen, frisch entfalteten Blätter, wie sie im Mai zu finden sind, sind traditionell Bestandteil von Frühjahrs- und Blutreinigungskuren. In dieser Zeit sind sie reich an Flavonoiden, die für die entzündungshemmende und harntreibende Wirkung verantwortlich sind. Die meisten volksheilkundlichen Anwendungen haben sich wissenschaftlich bestätigt. Deshalb setzt man Birkenblättertee zur Durchspülungstherapie bei Harnwegsinfekten ein. Die Durchspülung sorgt dafür, dass die Zahl der Keime reduziert wird. Neben Blase und Niere wird die Ausscheidungstätigkeit der Haut aktiviert. Die stoffwechselanregende und entgiftende Wirkung nutzt man zur unterstützenden Behandlung von rheumatischen Beschwerden und Hauterkrankungen.

Für einen Birkentee übergießen Sie zwei Teelöffel getrocknete Birkenblätter mit 200 Millilitern heißem Wasser und lassen das Ganze zehn Minuten ziehen.

Getrocknete Birkenblätter liegen auf einer weißen Unterlage.
Die jungen Birkenblätter werden im Mai für Tee gesammelt und im Schatten getrocknet.© Rudi Beiser

Die Frühlingsblätter eignen sich auch als Nahrung. Aber nur die jungen Maiblätter können als Salatzutat gegessen werden. Später bekommen sie eine zähe Konsistenz und werden herb im Geschmack.

Hinweis: Dieser Beitrag wurde mit größter Sorgfalt erstellt. Der Autor ist jedoch kein Arzt oder Apotheker. Die im Beitrag gegebenen Informationen sind nicht als Gesundheitsberatung zu verstehen. Besprechen Sie eine Anwendung der Tipps mit gesundheitlichem Bezug daher bitte mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt.

 

1 Kommentare
  • Ich habe diesen Herbst, sechs Birken, in meinem Garten gepflanzt.
    Früher, vor 50 Jahren, war ich im Birkenwald oft spazieren und haben auch Birkensaft gewonnen , zur Haarpflege.
    MfG Andrea Hartung-Peschel

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