Black Power: Was Aktivkohle alles kann

In einer Kokosschale liegen Kohlestückchen.

Den Begriff Kohle verbinden die meisten Menschen mit Grillkohle oder den schwarzen Klumpen, die aus den Tiefen der Erde zutage befördert und im Kohlekraftwerk verfeuert werden. Aktivkohle scheint dem Namen nach irgendwas mit den fossilen Überresten und der Holzkohle gemeinsam zu haben. Doch was?

Was Aktivkohle mit anderen Kohlen gemeinsam hat

Mal abgesehen davon, dass sie alle dunkelbraun bis schwarz sind, ist es die Zusammensetzung: Kohle besteht überwiegend aus Kohlenstoff. Deshalb eignet sie sich auch so gut als Brennstoff für die Energieerzeugung. Blöd nur, dass der Kohlenstoff dabei als CO₂ freigesetzt wird. Aber diese Geschichte soll ein anderes Mal erzählt werden. Aktivkohle mit mehr als sagenhaften 90 Prozent Kohlenstoffgehalt wird glücklicherweise nicht verfeuert. Denn den Kohlenstoff braucht die Aktivkohle, um sich anderweitig nützlich zu machen.

Abstecher „Kohlefasern“: Was haben die damit zu tun?

Ihren Namen hat Kohle vom lateinischen carbo. Und Karbon heißt auch das Erdzeitalter, in dem sich die Steinkohle entwickelte. Den gleichen Wortstamm hat die sogenannte Carbonfaser. Oft wird sie einfach als Kohlefaser bezeichnet. Was aber nicht ganz korrekt ist, denn eigentlich ist es eine Kohlenstoff-Faser. Wie Aktivkohle hat sie mit der Kohle nämlich nur eines gemeinsam: ihren hohen Kohlenstoffgehalt. Kohlenstoff-Fasern sind biegsame Fasern, vergleichbar mit stabileren Wollfäden. Werden sie zu Matten verwebt und mit Kunststoffen verpresst, entstehen stabile und zugleich leichte Werkstoffe, die in Autos, Flugzeugen und allerlei Sportgeräten und Musikinstrumenten verbaut werden.

Kohlestückechen füllen das Bild aus.
Und damit soll geputzt werden? Aber erst nach der Verwandlung in Aktivkohlefasern.

Was macht Aktivkohle so besonders?

Aber zurück zur Aktivkohle: Was unterscheidet sie von „normaler“ Kohle? Es ist ihre hochporöse Struktur. Andere Kohlen sind auch porös, aber Aktivkohle eben noch viel mehr. Sie hat unzählige ultrafeine Poren, die wie in einem Schwamm miteinander verbunden sind. Wie ein schwarzes Loch verschluckt das Porensystem unerwünschte Stoffe. Und zwar eine ganze Menge: Denn wegen ihrer löchrigen Struktur ist die innere Oberfläche von Aktivkohle enorm groß. Ein Gramm hat eine Oberfläche zwischen 1.000 bis 1.500 m2. Könnte man einen Teelöffel Aktivkohle auseinanderfalten, würde man ein ganzes Fußballfeld damit bedecken. Reinlich Platz also, um Dreck und Schadstoffe aufzusaugen und einzulagern.

Weg mit den Schadstoffen: So wird Aktivkohle eingesetzt

Mit ihrer enormen Adsorptionskraft ist Aktivkohle überall dort angesagt, wo es sauberer und reiner zugehen soll. Allgemein bekannt ist sie als Kohletablette und Beauty-Helfer: Bei Vergiftungen und Durchfall bindet sie Toxine und Bakterien im Körper; in Kosmetik und Zahnpasta soll sie die Haut von Unreinheiten und die Zähne von Verfärbungen befreien. Was weniger bekannt sein dürfte: Etliche Lebensmittel wie Speisefette oder -öle und auch das Wasser für Bier und Softdrinks werden mit Aktivkohle gereinigt oder im Geschmack verbessert. Für unsere Umwelt ist die adsorbierende Eigenschaft von Aktivkohle ebenfalls ein Segen: Die poröse Kohle reinigt Trink- und Abwasser, entfernt in Industrieprozessen schädliche Stoffe aus Abgasen und filtert in Klimaanlagen und Innenräumen die Luft. Ob Arzneimittelrückstände, Pestizide oder Mikroplastik, ob Feinstaub, Dioxine oder Schwermetalle: In den Poren der Aktivkohle findet fast alles einen Platz.

Das gelbe Wischtuch ist an einem Besen befestigt und putz Fliesen.
Optimal zur Reinigung im Haushalt: Mit Kohlefasertüchern können alle möglichen Oberflächen – auch der Küchenboden effektiv geputzt werden.

Fossil oder nachwachsend: So wird Aktivkohle hergestellt

Gibt es so etwas Geniales in der Natur? Jein. Aktivkohle kann man nicht wie Steinkohle aus der Erde buddeln. Sie wird aber aus natürlich vorkommenden, kohlenstoffhaltigen Ausgangsmaterialien hergestellt (wie übrigens auch die Carbonfasern). Dazu gehören die aus Pflanzenresten gebildeten Braun- und Steinkohlen. Zunehmend kommen aber auch nachwachsende Rohstoffe wie Holz, Nussschalen und Fruchtkerne zum Einsatz. Egal ob fossil oder nachwachsend: Um daraus Aktivkohle zu machen, wird der Ausgangsstoff zunächst verkokt, also ohne Sauerstoff erhitzt. Dabei macht sich fast alles aus dem Staub, was nicht Kohlenstoff ist. Um eine aktive, poröse Kohle mit großer Oberfläche zu bekommen, muss das verkohlte Halbfabrikat noch „aktiviert“ werden. Dabei wird es einem heißen Gasstrom, meist Wasserdampf, ausgesetzt. Verstopfte Poren werden so freigepustet und das Kohlenstoffgerüst weitgehend freigelegt. Mit chemischen Mitteln und viel Hitze kann auch nicht verkoktes Ausgangsmaterial aktiviert werden.

Cocona: Aktive Partikel aus Kokosnuss-Schalen

Bei all ihren Anwendungen kommt Aktivkohle gekörnt, pulverförmig, als Granulat oder gepresst zum Einsatz. Was neu ist und kaum jemand weiß: Man kann sie auch in Textilien verarbeiten. Vorreiter auf dem Gebiet ist die US-amerikanische Firma Cocona Inc. Wie der Firmenname vermuten lässt: Hier dreht sich alles um die Kokosnuss, genauer gesagt um deren harte Schalen. Mit heißem Dampf, ohne chemische Zusatzmittel, werden aus den Kokosnuss-Schalen poröse Aktivkohlepartikel gewonnen. Diese werden in die Textilien eingearbeitet und bleiben dort dauerhaft aktiv – ohne sich jemals auszuwaschen. Möglich macht dies ein eigens von Cocona entwickeltes, patentiertes Verfahren.

Eine offene Kokosnuss, eine leergegessene und eine geschlossene liegen auf Sand.
Ist das Kokosnussfleisch gegessen, bleibt die harte Schale als Abfall übrig. Zu Aktivkohle verarbeitet startet sie ein zweites Leben als Putzhelfer.

Pflanzliche Aktivkohle macht Textilien funktionaler

Was bewirken die Aktivkohlepartikel in den Textilien? Kurz gesagt: Textilien werden damit funktionaler. Was herkömmliche Funktionskleidung oft nur mit Chemie erreicht, schafft Cocona rein natürlich. Die Kohlepartikel adsorbieren unangenehme Gerüche und schützen vor UV-Strahlung. Cocona-Gewebe verteilt die Feuchtigkeit über eine große Fläche, die durch die aktiven Partikel erzeugt wird. Das beschleunigt die Verdunstung und reduziert Trocknungszeiten um bis zu 50 Prozent. Sprich: Man bleibt selbst in schweißtreibenden Situationen angenehm trocken. Kein Wunder, dass viele namhafte Sport- und Outdoor-Hersteller ihre Textilprodukte mit Cocona „tunen“.

Sauber und hygienisch: Kokosnuss-Aktivkohle in Putz- und Reinigungstüchern

In Reinigungstücher und Spülschwämmen „verpackt“ macht sich Cocona-Aktivkohle im Haushalt nützlich. Eingearbeitet in ein besonders langlebiges Mikrofasergewebe können die Aktivkohlepartikel hier ihre eigentliche Trumpfkarte ausspielen: Nämlich Schmutz, Staub und Fett wie ein Magnet an sich binden. Die universell im ganzen Haus einsetzbaren und exklusiv bei Waschbär erhältlichen Reinigungstücher brauchen keine Putzmittel, um alles sauber zu machen. Sie sind extra saugstark und lassen sich unzählige Male verwenden, ohne ihre Adsorptionskraft zu verlieren. Außerdem wirken sie antibakteriell und geruchshemmend – Eigenschaften, die sonst nur mit Silber ausgestattetes Putzequipment erreicht. Doch Silber ist ein Biozid und damit kritisch zu sehen: Die beim Gebrauch ins Abwasser freigesetzten Silber-Ionen belasten die Umwelt und fördern die Resistenzbildung bei Antibiotika.

Umweltverträglich von Kohlefaser-Putztüchern im täglichen Gebrauch

Das graue Mikrofasertuch ist mit schwarzen Streifen durchzogen.
In das Mikrofasertuch von Waschbär sind die Kohlefasern eingewebt.

Im Gegensatz zu Silber ist Aktivkohle nicht toxisch – sie erzielt ihre Wirkung einzig mit physikalischen Kräften. Und sie wäscht sich nicht aus – zumindest nicht aus den Cocona-Textilien. Doch selbst wenn sie ins Abwasser gelangt: Ökologisch stellen die Aktivkohleteilchen kein Problem dar – und dabei ist es egal, ob sie beim Zähneputzen, Duschen oder Waschen freigesetzt werden, wie uns Dr.-Ing. Ilka Gehrke vom Fraunhofer Institut UMSICHT bestätigt. Einzig mit Giften und Schadstoffen beladene Aktivkohle, beispielsweise aus industriellen Wasser- und Abgasfiltern, ist problematisch und unterliegt besonderen Bestimmungen bei der Wiederverwertung und Entsorgung. Lässt sich Aktivkohle, wie wir sie privat nutzen, also per se als umweltfreundlich bezeichnen? Nicht ganz, wie der Blick auf den Herstellungsprozess zeigt.

Ökologische Schwachstellen in der Herstellung

Aktivkohle ist ressourcenintensiv: Für die Herstellung einer Tonne Aktivkohle braucht man 3.5 bis 5 t Steinkohle oder 5 bis 6.5 t Braunkohle. Eine Tonne „Kokoskohle“ schlägt sogar mit 10-13 t Kokosnuss-Schalen zu Buche. Das entspricht den Schalen von rund 55.000 Kokosnüssen. Lange Transportwege kommen dazu. Was diesen ökologischen Nachteil wieder wettmacht: Kokosnussschalen und Fruchtkerne sind Abfallprodukte, für die keine zusätzlichen Anbau-Ressourcen wie Land oder Dünger anfallen. Um die Kokosnuss-Schalen zu Aktivkohle zu verarbeiten, braucht man jedoch wie bei jedem technischen Herstellungsprozess Energie. Außerdem werden bei Verkokung und Aktivierung Treibhausgase frei.

Ist Aktivkohle in Textilien die umweltfreundlichere Alternative?

Zwar können die Klimagase laut Dr.-Ing. Gehrke teils thermisch verwertet werden. Dennoch bleibt es dabei: Aktivkohle verbraucht Energie und spukt Emissionen aus – zusätzlich zu dem, was bei der Herstellung der Trägerfasern anfällt, in die sie eingebettet wird. Ist Aktivkohle als extra „Finish“ in Textilien also gerechtfertigt? Wir meinen Ja. Solange mit ihr nützliche Eigenschaften erreicht werden, die sonst Silber oder chemischen Ausrüstungen „übernehmen“ würden. Im Gegensatz zu diesen beiden Varianten ist der schwarze Kohlenstoff die umweltfreundlichere Alternative, um Textilien funktionaler zu machen. Umso mehr, wenn die Aktivkohle aus nachwachsenden Rohstoffen und in modernen Technologieanlagen hergestellt wurde.

 

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