Materialkunde Hanf: robuste Naturfaser mit nachhaltigen Eigenschaften

Ein Teil einer Hanfpflanze wird von einer Hand in die Luft gehalten.

Seit einigen Jahren erfreut sich das Material Hanf wieder zunehmender Beliebtheit und ist – im doppelten Sinn des Wortes – in Mode. In den Kollektionen der Naturtextilbranche findet man Hanfkleidung heute in den verschiedensten Stoffqualitäten – von extrem robust bis seidenweich. Auch die Naturkosmetik und die Lebensmittelbranche machen sich die positiven Eigenschaften von Hanf zunutze. Warum ist Hanf so beliebt? Und was zeichnet ihn aus? Wir haben Wissenswertes rund um die vielseitige Pflanze für Sie zusammengestellt.

Was ist Hanf?

Hanf (lat. Cannabis) ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Welt. Die Menschen nutzen ihn schon seit Jahrtausenden als Öl-, Faser- und Heilpflanze. Hanf gehört wie der Flachs zu den Bastfasern. Weil die Pflanze sehr robust und anpassungsfähig ist, konnte sich der Hanf weltweit verbreiten. Die Hanfpflanze gehört zur Familie der Hanfgewächse (Cannabaceae), einer der am höchsten entwickelten Pflanzenfamilien, und wird in diversen Sorten angebaut.

Typisch für die Hanfpflanze sind die langen, schmalen, handförmig zusammengesetzten Blätter mit gesägtem Rand. Die Pflanze wird bis zu vier Meter hoch. Sämtliche Pflanzenteile – die Blüten, Blätter, Samen und Stängel – lassen sich verwerten. Das Wurzelwerk ist weitreichend und tief im Boden verankert. Man empfiehlt Hanf als Zwischenfrucht für ausgelaugte Böden. Er soll den Ackerboden verbessern.

Woher kommt Hanf ursprünglich? Wie nutzte man ihn früher?

Die Geschichte des Hanfs begann vor etwa 12.000 Jahren – vermutlich in Zentralasien. Im Zuge der Völkerwanderungen verbreitete sich die Pflanze um die ganze Welt. In China und Persien nutzte man Hanf schon damals als Rohstoffquelle. Aus den Fasern stellte man Kleidung her. Hanföl diente als Lampen- und Speiseöl. Die Hanfsamen waren ein Nahrungsmittel. Ab dem 16. Jahrhundert kam Hanf in der chinesischen Kräutermedizin als Heilmittel zum Einsatz. Aus Hanf und Maulbeerbaum stellten die Chinesen das erste Papier der Welt her. Im 17. Jahrhundert diente die Hanffaser schließlich insbesondere der Herstellung von Seilen und Segeltuch für die Seefahrt.

Wo wird Hanf angebaut?

Der Hauptteil der Hanffasern kommt aus China. Die besonders feinen, weichen, zum Verspinnen geeigneten Sorten werden außerdem in Algerien, Spanien und Italien angebaut. Zwar findet man Hanfanbau heute in ganz Europa, aber der Anteil ist sehr gering. Doch die Nachfrage steigt – auch in Deutschland. Im Vergleich mit anderen Kulturen und „Handelsgewächsen“ ist die Fläche für Hanfanbau in Deutschland zwar verschwindend gering. Jedoch ist der Anbau in den letzten Jahren kräftig gestiegen – allein von 2020 bis 2021 um 20 Prozent.

Welche Unterschiede gibt es beim Hanf?

Grundsätzlich ist zwischen THC-armen Fasern beziehungsweise Nutzhanf und THC-reichem Hanf (als Grundlage für die Herstellung von Drogenpräparaten) zu unterscheiden. THC steht für den psychoaktiven Wirkstoff Tetrahydrocannabinol. Welche Sorten angebaut werden dürfen, ist gesetzlich geregelt. Für die in Deutschland hergestellten und vertriebenen Produkte kommt ausschließlich Nutzhanf mit einem THC-Gehalt von weniger als 0,2 Prozent zum Einsatz. Das gilt auch für Bekleidung. Die in Deutschland zugelassenen Nutzhanfpflanzen sind für die Herstellung von Rauschmitteln nicht geeignet.

Auf dem Feld wächst Hanf, welcher als Nutzpflanze für Textilien angebaut wird.
Der Anbau von Nutzhanf unterliegt strengen Richtwerten.© stock.adobe.com – Countrypixel

Wie werden Hanffasern für Textilien hergestellt?

Früher war die Verarbeitung von Hanf mühsame Handarbeit. Im Laufe der Jahrtausende haben die Menschen Anbau, Ernte und Verarbeitung zunehmend perfektioniert. Das macht sich auch in der Qualität der Hanfstoffe bemerkbar. Wie bei Jute, Brennnessel und Flachs gewinnt man die Faser aus dem Stängel des Hanfs. Die Verarbeitung der Lang- und Kurzfasern ist jeweils unterschiedlich. Bei hochwertiger Kleidung kommen Langfasern zum Einsatz.

Der Verarbeitungsprozess besteht im Wesentlichen aus vier Schritten:

  1. Rösten: Nach dem Schnitt werden die Pflanzen mehrere Wochen am Boden ausgelegt. Der Zerfall legt die langen Fasern frei.
  2. Entrindung der Fasern: Die noch feuchten Fasern werden vom holzigen Kern abgelöst und getrocknet.
  3. Schwingen: Mit dem Schwingmesser wird das Faserbündel so lange bearbeitet, bis die kurzen von den langen Fasern getrennt sind.
  4. Verarbeitung: Die Fasern werden zu Ballen geformt und meist ohne weitere Verarbeitung zu langen, durchgehenden Fäden gesponnen.

Welche Produkte werden aus Hanf hergestellt?

Die Fasern eignen sich zur Herstellung von Seilen, Kleidung, Taschen und Schuhen. Zudem sind sie Grundlage von Papierprodukten. Aus den proteinreichen Hanfsamen lassen sich Kosmetikprodukte und Nahrungsmittel wie Hanföl, Hanfmehl oder Hanfaufstrichpasten erzeugen. Hanftee stellt man aus den Blüten und Blättern her. Aus dem Rohstoff lassen sich Dämm- und Isolierstoffe produzieren. Weil sie so außerordentlich elastisch, aber reißfest und lange haltbar sind, nutzt man Hanffasern gern zur Herstellung von Innenverkleidungen für Autos.

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Wer mehr über Hanf und andere Textilfasern erfahren möchte, besucht unser Textillexikon.

Welche Eigenschaften hat Hanf im Vergleich zu Baumwolle?

Die Hanfpflanze ist robust, widerstandsfähig und anspruchsarm. In der Produktion benötigt sie weniger Fläche und Wasser als Baumwolle. Weil sie sich selbst vor Schädlingen schützt und in ihrer Nähe kein Unkraut wächst, müssen beim Anbau außerdem keine Pestizide und Herbizide zum Einsatz kommen. Auf gleicher Fläche erzeugt Hanf bis zu 250 Prozent mehr Fasermasse. Kleidung aus Hanf ist besonders umweltschonend und schadstofffrei. Am besten schneidet Hanf in Bio-Qualität ab.

Vorteile

  • robust und langlebig (Pflanze und Material)
  • genügsam, extrem anpassungsfähig (wächst überall)
  • alle Bestandteile der Pflanze nutzbar
  • antibakteriell und antimikrobiell (allergikerfreundlich)
  • reiß- und nassfest (Nassfestigkeit höher als Trockenfestigkeit)
  • hoher Tragekomfort (temperaturausgleichend, atmungsaktiv)
  • trocknet dreimal schneller als Baumwolle
  • absorbiert mehr UV-Strahlen als Baumwolle und Leinen (UV-Schutz bis 90 Prozent!)
  • Sauerstoffgehalt verhindert Bakterienbildung (d. h. weniger Wäschen = ressourcenschonend)
  • pflegeleicht
  • zieht weder Motten noch Schädlinge an
Eine Frau und ein Mann sitzen im Garten auf Stühlen und genießen in Kleidung aus Hanf den Sommer.
Die Kleidung aus Hanf und Bio-Baumwolle und eignet sich perfekt für den Sommer.© Waschbär

Nachteile

  • ggf. Gefahr der Monokultur (Beikräuter können nicht wachsen)
  • spezielle Landmaschinen und Häcksler notwendig
  • frischer Hanf nicht transportfähig (Verarbeitung vor Ort notwendig)
  • (noch) ein Nischenprodukt
  • lange Lieferketten (da meist aus China importiert)
  • hoher Preis (da vorwiegend im Fair-Fashion-Segment)
  • mangelnde Transparenz (keine einheitlichen Kontrollmechanismen, keine Siegel für Verbraucher und Verbraucherinnen)

Wie nachhaltig ist Hanf?

Aufgrund seiner Vielseitigkeit, Robustheit und des recht unaufwändigen Anbaus (keine Pestizide, Insektizide oder Herbizide, meist ohne künstliche Bewässerung) gilt Hanf als nachhaltiger Rohstoff der Zukunft. Textilien aus Hanf sind strapazierfähig, langlebig und schmutzunempfindlich. Das bedeutet weniger Waschen, weniger Wasser- und Stromverbrauch und weniger Waschpulver. Allerdings basiert die positive Ökobilanz jedoch hauptsächlich auf den hohen Erträgen. Denn ein Hanffeld erbringt dreimal so viele Fasern wie ein Baumwollfeld der gleichen Größe.

Wie pflegt man Textilien aus Hanf richtig?

  • Pflegehinweise auf dem Etikett beachten!
  • im Schonwaschgang für Feinwäsche bei 30 °C
  • Waschmittel ohne Bleiche
  • Textilie auf links drehen (Hanffasern können schnell an Farbe verlieren)
  • Verschlüsse vorher schließen
  • nach dem Waschen in nassem Zustand in Form ziehen
  • mäßig warm bügeln
  • nicht für Trockner geeignet
  • keine chemische Reinigung

 

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